Der Rückversicherer Swiss Re rückt wieder näher an den großen Konkurrenten aus München heran. Durch die Finanzkrise sind die Schweizer arg gebeutelt worden: Sie schrieben rote Zahlen, mussten sich sogar Geld beim Investor Warren Buffett leihen und verloren ihr Spitzenrating bei Standard & Poor’s. Doch die anschließende Sanierung trägt offenbar schneller Früchte als erwartet. 2011 hat die Swiss Re trotz immenser Schadenzahlungen für Naturkatastrophen 2,6 Milliarden Dollar verdient. Das entspricht knapp zwei Milliarden Euro – also ein Niveau, auf dem sich der Branchenprimus Munich Re auch gerne sähe. Die Münchner schafften 2011 statt 2,4 Milliarden Euro jedoch nur 710 Millionen Euro Gewinn. Der Ergebnistrend in beiden Konzernen könnte nicht gegensätzlicher sein: Bei Munich Re sank der Gewinn auf weniger als ein Drittel, bei Swiss Re verdreifachte er sich.
Mit weniger Prämie erzielten die Schweizer dabei deutlich mehr Ertrag. In der Rückversicherung, also dem Geschäft mit anderen Versicherern, verbuchten die Münchner Einnahmen von 26,5 Milliarden Euro, Swiss Re dagegen umgerechnet nur 16,3 Milliarden Euro.
Angesichts des Gewinntrends können sich die Schweizer nun eine Anhebung der Dividende von 2,75 Franken auf drei Franken je Aktie leisten. In München ist man dagegen froh, dass man die Ausschüttung im Vergleich zum Vorjahr stabil halten konnte. 6,25 Euro pro Aktie werden gezahlt.
Allerdings ist der Erfolg der Schweizer nicht nur auf Fortschritte im Kerngeschäft zurückzuführen. Geholfen hat der Nummer zwei der Branche nach eigenen Angaben eine ungewöhnlich niedrige Steuerquote – eine Folge der Konzernumstrukturierung. Zudem seien nicht mehr benötigte Schadenreserven in Höhe von 1,3 Milliarden Dollar aufgelöst worden. Swiss Re verdiente damit deutlich besser als von Analysten erwartet, die im Schnitt mit 1,79 Milliarden Dollar gerechnet hatten.
Alle großen Rückversicherer profitieren derzeit davon, dass die Preise für die Absicherung von Naturkatastrophen steigen. Die neuen Verträge, die seit Jahresanfang in der Schaden- und Unfallversicherung gelten, spülen daher 20 Prozent mehr Prämien in die Kassen der Swiss Re. Dieser Aufwärtstrend dürfte sich bei den Verträgen, die ab April und Juli neu gelten, fortsetzen, sagte Finanzchef George Quinn.
Erstaunlich ist: Swiss Re verdreifachte den Konzerngewinn, obwohl die größte Sparte Sachversicherung einen Verlust einfuhr. Der Grund sind die außerordentlich hohen Schadenzahlungen aufgrund der Naturkatastrophen. Das viel beachtete Verhältnis von Schäden und Kosten im Vergleich zu den Einnahmen stieg auf 101,6 Prozent von 93,9 Prozent im Vorjahr. Bis zu einem Wert von 100 Prozent sind die Schäden und Verwaltungskosten durch die Prämieneinnahmen gedeckt.
Diese Zahlen sind jedoch ebenfalls besser als beim Branchenführer. In der Schaden- und Unfallrückversicherung habe die Schaden-Kosten-Quote über das gesamte Jahr bei 113,6 (100,5) Prozent der verdienten Nettobeiträge gelegen, teilte Munich Re mit.
Insgesamt kosteten Naturkatastrophen Swiss Re 3,5 Milliarden Dollar – das Gros davon entfiel auf die verheerenden Erdbeben in Japan und Neuseeland sowie die Überschwemmungen in Thailand. Im laufenden Jahr kalkuliert der Rückversicherer mit einem Schadenkostensatz von rund 94 Prozent.
Swiss Re hält kaum Anleihen von Ländern, die von der Schuldenkrise betroffen sind. Das ist bei Munich Re ganz anders: Allein die Aufwendungen für Abschreibungen auf griechische Staatsanleihen hätten 1,2 Milliarden Euro betragen und zu einer Belastung des Konzernergebnisses von 0,2 Milliarden Euro geführt.
Die mittelfristigen Finanzziele haben für Swiss Re oberste Priorität. Der Konzern strebt im Durchschnitt über die nächsten fünf Jahre eine Gewinnsteigerung je Aktie von zehn Prozent an sowie eine Eigenkapitalverzinsung, die 700 Basispunkte über dem risikofreien Zinssatz liegt.
Unverändert ist die Gruppe bestens mit Eigenkapital ausgestattet. Dies sei nach wie vor eine wesentliche Stärke des Konzerns. Dies belegten auch die kürzlich angehobenen Ratings durch Standard & Poor’s und A.M. Best sowie die Änderung des Ausblicks auf „positiv“ durch Moody’s. Per Jahresende 2011 habe das Überschusskapital von Swiss Re mehr als 7 Milliarden Dollar über dem für ein „AA“-Rating erforderlichen Niveau gelegen. Absolut waren es Ende des vergangenen Jahres 29,6 Milliarden Dollar (22,3 Milliarden Euro). Zum Vergleich: Munich Re wies zuletzt – einschließlich des Erstversicherers Ergo – ein Eigenkapital von 23,3 Milliarden Euro aus.