Im Streit um lang laufende Versicherungspolicen hat der Anbieter Provinzial Rheinland einen weiteren Erfolg errungen. Wie jetzt bekannt wurde, hat das Amtsgericht Düsseldorf im Dezember eine Klage des Bundes der Versicherten (BdV) abgewiesen. Ein BdV-Mitglied hatte eine lang laufende Police vorzeitig gekündigt, was der Versicherer nicht akzeptierte. Daraufhin zog die Verbraucherschutzorganisation im Namen des Kunden vor Gericht. Die Provinzial ist der einzige Versicherer, der seine Rechtsmeinung so offensiv vertritt.
Hintergrund der Auseinandersetzung ist, dass Anfang 2008 das Versicherungsvertragsgesetz geändert wurde. Seitdem sind länger laufende Sachversicherungen stets mit Ende des dritten Jahres kündbar. Bisher war das frühestens nach fünf Jahren möglich. Die Provinzial Rheinland vertritt den Standpunkt, dass die Drei-Jahres-Frist erst für Verträge ab dem 1. Januar 2008 gelte. Im konkreten Fall wollte das BdV-Mitglied seine Unfallversicherung zum 1. März 2010 kündigen. Abgeschlossen hatte er sie am 1. März 2007. Doch die Provinzial besteht darauf, dass der Vertrag nicht schon so früh beendet werden konnte.
Eine Reihe von Fachleuten ist dagegen der Auffassung, die Drei-Jahres-Frist gelte nun generell. Auch Versicherungsombudsmann Günter Hirsch, der Streitfälle zwischen Kunden und Versicherern schlichten soll, hatte sich der kundenfreundlichen Auslegung angeschlossen. Im Gesetzestext fehlt eine klare Formulierung.
Nach Angaben eines Firmensprechers hat die Provinzial Rheinland bislang fast alle Gerichtsverfahren gewonnen. Vor Amtsgerichten habe das Unternehmen, inklusive des BdV-Verfahrens, 19-mal gesiegt und nur zweimal verloren. Die Entscheidungen seien “ganz überwiegend” rechtskräftig. Vor Landgerichten seien sämtliche Prozesse zugunsten der Provinzial ausgegangen, vor Oberlandesgerichten sei kein Verfahren anhängig.
Das könnte sich ändern. Nach Angaben von BdV-Vorstand Thorsten Rudnik hat der Verein Berufung beim Landgericht Düsseldorf eingelegt (Az.: 23 S 60/1). Doch auch das muss nicht die letzte Instanz sein, die sich mit der Angelegenheit beschäftigt. Rudnik: “Wir werden die Frage notfalls vor dem Bundesgerichtshof klären lassen.”
Die Frage der Kündigungsfrist sorgte auch in anderer Hinsicht für Aufregung. Nachdem sich Ombudsmann Hirsch zugunsten der Verbraucher positioniert hatte, war er von Jörg Funck, Leiter der Provinzial-Rechtsabteilung, ungewöhnlich scharf kritisiert worden. Funck warf dem ehemaligen Präsidenten des Bundesgerichtshofs vor, er mache “Stimmung bei den Kunden”. Hirsch überschreite seine Kompetenzen, indem er sich als Rechtsberatungsstelle geriere, so Funck. Hirsch wies diesen Vorwurf zurück. Jedoch stimmten beide Seiten überein, dass erst die Gerichte für eine endgültige Klärung sorgen könnten.