Der zweitgrößte Sparkassen-Versicherer in Deutschland könnte verkauft werden. Die Eigentümer der Provinzial Nordwest bestätigten am Dienstag erstmals ein “Interesse aus dem Versicherungslager” an dem Münsteraner Unternehmen. Laut Finanzkreisen könnte der Münchener Branchenprimus Allianz weit mehr als 2,25 Milliarden Euro für die Provinzial Nordwest auf den Tisch legen.
Erste Gespräche hätten schon stattgefunden, sagten drei mit den Plänen vertraute Personen. Die Sparkassenverbände aus Westfalen-Lippe und Schleswig-Holstein sowie der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) nannten nach einer Aufsichtsratssitzung keine Namen des oder der Interessenten. Die Allianz wollte sich nicht äußern.
Bei den Sparkassen gibt es gewichtige Stimmen, sich für eine Versicherer-Fusion innerhalb des Sparkassen-Sektors einsetzen, um der Allianz kein Einfallstor ins Lager der elf öffentlichen Versicherer zu bieten. Selbst der westfälische Sparkassenverbands-Chef Rolf Gerlach, der federführend mit der Allianz verhandelt, hatte vor einem Jahr eine Konsolidierung im Sektor gefordert.
Am deutlichsten hatte sich der LWL, dem neun Städte und 18 Kreise angehören, gegen einen Verkauf der Provinzial Nordwest ausgesprochen. Daran habe sich seit Freitag nichts geändert, sagte ein LWL-Sprecher in Münster. Der Verband, der 40 Prozent an der Provinzial Nordwest hält, könnte bei einem Verkauf aber mit einem Milliardenerlös rechnen, weit mehr als der Versicherer im Jahr an seine Eigentümer ausschüttet.
Die Gewerkschaft Verdi hatte vom Aufsichtsrat ein Bekenntnis gefordert, das Unternehmen nicht an die Allianz zu verkaufen. Doch dieses blieb aus. “Die Eigentümer wollen sehr zeitnah entscheiden, ob ein Verkauf überhaupt und wenn ja, zu welchen Bedingungen infrage kommt”, hieß es in der Erklärung nach der Aufsichtsratssitzung. Laut “Financial Times Deutschland” wollen die Eigentümer noch vor Weihnachten entscheiden, ob sie verkaufen. Der Sparkassenverband Westfalen-Lippe hält weitere 40 Prozent an der Provinzial Nordwest, 18 Prozent liegen beim Sparkassenverband Schleswig-Holstein, zwei Prozent beim Ostdeutschen Sparkassenverband.
“Durch eine solche Entscheidung würde der gesamte Sparkassen-Finanzverbund in Frage gestellt”, hatte Verdi-Vorstandsmitglied Beate Mensch vor einem Verkauf an die Allianz gewarnt. “Auch die weiteren öffentlichen Versicherer stünden unmittelbar zum Verkauf.” Rund 6000 Arbeitsplätze bei der Provinzial stünden auf dem Spiel. Verdi hat die Belegschaften in Münster, Kiel und Hamburg zu Betriebsversammlungen für Mittwoch zusammengetrommelt, um gegen einen Verkauf zu protestieren.