Fine della copertura dei procedimenti giudiziari
Der Konzern hat das Aus für seine Absicherung juristischer Verfahren verkündet. Nun will Wettbewerber Ergo in diese Lücke stoßen. Das Geschäft mit den Gerichtsverfahren ist schwierig aber lukrativ.
Keine neuen Fälle – die Allianz verabschiedet sich ganz aus der Prozessfinanzierung und lässt das Geschäft auslaufen. Der große Konkurrent Ergo kündigt nun an, die Gunst der Stunde zu nutzen: „Wir wollen die frei werdenden Marktanteile gewinnen“, sagte Thomas Kohlmeier, Vorstand bei der Ergo-Tochter Legial, dem Handelsblatt. Dabei hat sich das Unternehmen, das früher D.A.S. Prozessfinanzierung hieß, ehrgeizige Ziele gesetzt: Das Geschäftsvolumen solle in den kommenden drei Jahren verdreifacht werden, kündigte Kohlmeier an. Dem Weg der Allianz werde man nicht folgen: „Wir wollen das Geschäft unbedingt weiterbetreiben.“
Das Geschäft der Prozessfinanzierer ist in Deutschland vergleichsweise neu – aber einfach: Die Anbieter übernehmen bei Zivilklagen für den Klagenden nach Prüfung der Siegchancen die Prozesskosten.
Im Gegenzug sichern sie sich eine Prozessbeteiligung von üblicherweise etwa 30 Prozent für den Fall, dass der Prozess gewonnen wird. Pionier in Deutschland war Foris. Auch die Versicherer warfen rasch ein Auge auf die Nische, da die Stammmärkte in Deutschland vielfach gesättigt sind und sich Prozessfinanzierung zum Teil mit der klassischen Rechtsschutzversicherung überschneidet.
Daher bauten sich die Allianz Prozessfinanzierung und Legial ein Netzwerk von Anwälten auf, mit denen sie zusammenarbeiten. „Gerade bei ‚David-gegen-Goliath’-Konstellationen kann ein Prozessfinanzierer ein ausgleichendes Element sein oder ein Verfahren erst ermöglichen“, sagt Rechtsanwalt Oliver Bolthausen, Partner bei BridgehouseLaw. Wenn also ein Kläger mit wenig Kapital – aber guten Siegchancen – gegen einen solventen Beklagten antritt, kann sich die Prozessfinanzierung für die Beteiligten lohnen.
Infrage kommen dabei längst nicht alle Klagen. „Es ist eine schmale, aber tiefe Nische“, sagt Kohlmeier. Die Chancen müssen ebenso einschätzbar sein wie die Verfahrensdauer. So kommt die Prozessfinanzierung zum Beispiel oft bei Urheberrechtsverletzungen, Streit um Architektenhonorare und Forderungsklagen von Insolvenzverwaltern zum Einsatz.
Legial gehörte nach Foris zu den ersten Anbietern. „Auch wir haben am Anfang Lehrgeld bezahlt“, sagte Kohlmeier. Man sei aber sehr vorsichtig eingestiegen und habe „seit Beginn des Geschäfts immer mehr Einnahmen aus den finanzierten Fällen als Verluste“ gehabt.
In diesem Jahr finanziert Legial etwa 80 Prozesse mit einem Streitwert von etwa 50 Millionen Euro. Damit dürfte das Unternehmen in etwa auf Augenhöhe mit Foris und der Allianz liegen. Branchenschät-zungen zufolge dürfte der Markt in diesem Jahr bei etwa 250 bis 300 Millionen Euro liegen.
Die Allianz Prozessfinanzierung hatte angekündigt, keine neuen Fälle mehr anzunehmen und das Geschäft auslaufen zu lassen. „Die Allianz hatte am Markt einen guten Ruf“, sagt ein Branchenkenner. Der Versicherungsriese gab zur Begründung an, man wolle sich auf das Kerngeschäft konzentrieren.
Der Versuch, die Allianz Prozessfinanz zu verkaufen, scheiterte – nach Informationen des Handelsblatts soll mit einem britischen Interessenten verhandelt worden sein. Allerdings gilt ein Verkauf als schwierig: Den Markennamen Allianz hätte ein Käufer wohl nicht lange nutzen können. Zudem lebt das Geschäft vor allem von den guten Kontakten zu Anwälten – diese aber können ebenfalls flüchtig sein.
Während die Allianz den Markt also verlässt, will Legial nun die nächste Wachstumsstufe zünden. „Wir wollen uns vorsichtig in den Bereich der größeren Risiken bewegen“, sagte Luc Weinmann, der die Prozessfinanzierung leitet. Man habe nun die Risikotragfähigkeit erreicht, um sich größeren Streitwerten von bis zu 30 Millionen Euro zuzuwenden. Damit steigt aber auch das Klumpenrisiko, falls ein Großprozess verlorengeht.
Ergo-Mutter Munich Re hat aber dennoch grünes Licht gegeben. Für den weltgrößten Rückversicherer ist die Prozessfinanzierung auch nur eine kleine Nische. Bislang lässt der Konzern die Sparte eigenständig arbeiten – was wohl auch daran liegt, dass das Eigenkapital prozentual zweistellig verzinst wird.