ZürichDer Schweizer Lebensversicherer Swiss Life schreibt auf die 2008 übernommene Hannoveraner Tochterfirma AWD 576 Millionen Franken (478,4 Millionen Euro) ab und gibt den Markennamen auf. Das führe zu einem Gewinneinbruch und zum Abbau von 300 bis 400 Stellen in den nächsten drei Jahren, teilten die Schweizer am Mittwoch mit.
Swiss Life rechnet für dieses Jahr mit einem Reingewinn in zweistelliger Millionenhöhe, nachdem der Konzern im vergangenen Jahr noch 606 Millionen Franken (rund 505 Millionen Euro) verdient hatte. Gleich bleiben soll die Dividende. Die Aktionäre sollen wie im letzten Jahr 4,50 Franken pro Aktie erhalten.
Die Vertriebsgesellschaften, die bisher unter der Marke AWD liefen, sollen künftig unter dem Namen „Swiss Life Select“ auftreten, teilte das Unternehmen mit. Eine Folge der Umbenennung: Auch die AWD-Arena, das Fußballstadion von Hannover 96, muss nun eine neue Bezeichnung bekommen.
In Deutschland seien voraussichtlich bis zu 300 Stellen betroffen. In der Schweiz werden rund 90 Stellen abgebaut. Für den Stellenabbau sollen insbesondere die natürliche Fluktuation, Ruhestandsregelungen und der interne Stellenmarkt genutzt werden. Man werde „den Stellenabbau mit Umsicht angehen und Betroffene bei der beruflichen Neuorientierung unterstützen“, erklärt Konzernchef Bruno Pfister.
Der AWD-Nachfolger Swiss Life Select solle sich auf Märkte Deutschland, Schweiz, Österreich sowie Polen und Tschechien konzentrieren. Die bisherigen AWD-Aktivitäten in der Slowakei und Ungarn werden zum Jahresende aufgegeben. Zudem legen die Schweizer ein neues Unternehmensprogramm mit Zielen bis 2015 auf.
Vor rund vier Jahren hatten die Schweizer AWD für gut eine Milliarde Euro übernommen. Swiss Life versprach sich davon eine “deutliche Steigerung des Neugeschäftsvolumens”. Ferner wollten die Schweizer von der Expansion des AWD in Osteuropa profitieren. Die Rechnung ging nicht auf. Analysten bezeichnen die Übernahme heute als “Fehlkauf”.
AWD bereitete Swiss Life zuletzt immer mehr Probleme. Rechtsstreitigkeiten in Deutschland und Österreich, wo Behörden die AWD-Vertriebspraktiken untersuchen, nagten an der Reputation und kosteten viel Geld. Als Fehler wollte Konzernchef Pfister die Übernahme rückblickend aber nicht einstufen. Die Entscheidung zur Erweiterung der Swiss-Life-Gruppe um den AWD sei „strategisch gesehen“ richtig gewesen. “Dennoch müssen wir selbstkritisch anerkennen, dass wir die Wachstumsmöglichkeiten in Osteuropa und Österreich überschätzt haben”, erklärte er.
Der Finanzmanager Carsten Maschmeyer gründete den Finanzvertrieb AWD und baute den Konzern zu einem der größten Dienste in der Branche auf. Später verkaufte er sein Lebenswerk an den Schweizer Versicherungskonzern Swiss Life. Zurückgezogen hat sich Maschmeyer aber längst noch nicht. Seine Maschmeyer Group umfasst ein buntes Spektrum an Einzelfirmen und Beteiligungen, die er von seiner Heimat Hannover aus steuert. So engagierte er sich etwa bei den Mitteldeutschen Fahrradwerken (Mifa).
Maschmeyer zeigt Verständnis für die Umbenennung seines früheren Unternehmens. „Mit dem Einstieg der Swiss Life als großem Versicherungskonzern gingen natürlich Veränderungen einher“, sagte er am Mittwoch. „Deswegen ist es auch logisch und konsequent, wenn Swiss Life den Markennamen AWD aufgibt und die nationalen AWD-Vertriebe mit den Swiss-Life-Ländergesellschaften zusammenlegt.“