Die VW-Affäre zieht immer weitere Kreise. Auch die Versicherungsbranche ist angesichts der Nachrichten aus Wolfsburg in Aufruhr. Schließlich geht man in der Branche fest davon aus, dass der Autohersteller für sein Management und den Aufsichtsrat eine D&O Versicherung (Directors and Officers Liability Insurance) – eine Art „Berufshaftpflichtversicherung” für Manager – mit einer Deckungssumme von 500 Millionen Euro abgeschlossen hat. Als Versicherer werden Zurich und die Allianz genannt. Die VOV ist nicht dabei – das Kölner Unternehmen hat sich auf den Mittelstand fokussiert. Natürlich verfolgen die beiden Manager Diederik Sutorius und Franz Held das Thema trotzdem.
D&O Versicherungen für Großkonzerne übernimmt häufig ein Konsortium aus verschiedenen Versicherern – sind Sie bei VW dabei?
Sutorius: Nein. Wir haben unseren Schwerpunkt bei mittelständischen Unternehmen.
Für wen wird generell eine D&O Versicherung abgeschlossen?
Held: Üblicherweise schließt ein Unternehmen die Police für das gesamte Management ab, also die Geschäftsführung, den Vorstand und Aufsichtsrat. Bei großen Unternehmen wie bei VW dürfte der Versicherungsschutz somit für hunderte Manager gelten.
Damit dürfte eine Summe von 500 Millionen Euro bei einem Fall wie VW schnell aufgebraucht sein…
Sutorius: Richtig. Der Schaden wird durch die Deckungssumme nur zu einem kleinen Teil kompensiert werden. Deswegen rechnen wir auch zukünftig damit, dass Manager verstärkt persönliche Versicherungen abschließen, um das eigene Vermögen unabhängig von Unternehmenspolicen zu schützen.
Wie verbreitet sind D&O-Versicherungen denn hierzulande?
Held: Von den Dax-Unternehmen hat sicherlich jedes Unternehmen eine D&O Police abgeschlossen, im Mittelstand etwa 70 Prozent. Die Nachfrage steigt.
Wie groß ist der Markt?
Held: Schätzungen zufolge liegt das Prämienvolumen in Deutschland bei 650 bis 800 Millionen Euro.
Ist es denn wahrscheinlich, dass die Versicherer im Fall von VW zur Kasse gebeten werden?
Sutorius: Das ist von außen natürlich schwer zu beurteilen. Aber bei der Vielzahl von versicherten Personen und der Vielschichtigkeit des Vorfalls ist davon auszugehen. Ob ein Haftungsfall vorliegt oder nicht, kann schließlich von vielen Aspekten abhängen. Wurde nicht ausreichend kontrolliert? Waren Vorgänge nicht richtig organisiert? Wer genau war wofür verantwortlich? Welche Schadenersatzansprüche werden gestellt? Solche Fragen müssen jetzt juristisch geprüft werden. Entscheidend ist die Frage der Pflichtverletzung. Es wird wahrscheinlich Jahre dauern, bis man da zu einem abschließenden Urteil kommt.
Also werden die Versicherer zahlen müssen?
Sutorius: Sehr wahrscheinlich. Und schon als ersten Schritt kommen auf den Versicherer die so genannten Abwehrkosten zu: Die Versicherung wird ihren Kunden als erstes einen Rechtsbeistand organisieren.
Das klingt nach hohen Kosten. Können die Versicherer das schultern?
Held: Sicher. Derartige Policen zeichnen keine kleinen Versicherer, und auch diese organisieren sich in einem Konsortium. Aber es wird den Markt beeinflussen – die Preise für D&O Versicherungen dürften mittelfristig steigen.
Sind Juristen die eigentlichen Gewinner der VW-Affäre?
Sutorius: Die VW-Affäre wird viele Konsequenzen haben: Für Autohersteller und die Zulieferer, die Behörden, die Versicherer… das wird uns noch Jahre beschäftigen.