Frankfurt Die Allianz äußert Unverständnis über das Vorgehen der Regulierer gegen die weltgrößten Versicherer. „Der Maßstab, was systemrelevant ist, hat sich erheblich verändert“, sagte der Finanzvorstand des größten europäischen Versicherungskonzerns, Dieter Wemmer, der „Börsen-Zeitung“ (Samstagausgabe). „Es ist nun eine seltsame Mischung aus Sozialfürsorge und Eindrücken aus der Finanzkrise geworden.“ Der Finanzstabilitätsrat (FSB) der G20-Staaten hatte die Allianz und acht weitere große Versicherer als global systemrelevant – also potenziell gefährlich für das ganze Finanzsystem – eingestuft, so dass sie mit mehr Aufsicht und schärferen Eigenkapitalauflagen gebändigt werden müssten.
Die Versicherer hatten stets darauf gepocht, dass sie wegen ihres Geschäftsmodells nicht systemrelevant seien. Wemmer sagte der Zeitung, die neuen Definition der Systemrelevanz ziele auf die Frage, ob es sozialpolitisch große Effekte habe, wenn Millionen Kunden eine Kürzung ihrer privaten Rente hinnehmen müssten. Die Öffentlichkeit meine, die Versicherer stünden auf der Liste, weil sie genauso groß wie die Banken seien: “Dieses Spiel mit der Wahrnehmung war politisch gewünscht, weil es gut in das aktuelle Bild passt, dass die Finanzindustrie besonders kontrolliert werden muss”, kritisierte er.
Wemmer beklagte, dass es keine verbindliche Definition des geforderten Kapitals für Versicherer gebe: “Ich finde es furchtbar, dass ich nicht wie ein Bank-Finanzvorstand die Eigenkapitalanforderungen zumindest ansatzweise benennen kann.” Auch die neuen Kapitalregeln für die Branche in Europa unter dem Namen Solvency II sehen keine absolute Untergrenze vor. Wemmer rechnet mit einer Verabschiedung der Vorschriften durch das EU-Parlament im nächsten Februar.