Die zum Düsseldorfer Versicherungskonzern Ergo gehörige Victoria Versicherung hat einen international gesuchten Islamisten mehr als zwei Jahre lang gegen Schäden bis zu zwei Millionen Euro versichert. Dies zeigen interne Unternehmensaufzeichnungen, die dem Handelsblatt vorliegen.
Obwohl der Verfassungsschutz die Victoria warnte, hielt die Versicherung an dem Kunden fest. Auch Bitten des zuständigen Versicherungsagenten, die Police zu kündigen, wiesen Vorgesetzte zurück. Eine entsprechende eidesstattliche Versicherung des Agenten liegt dem Handelsblatt vor.
Der Kunde, Yasser Abu Shaweesh, ein staatenloser Palästinenser, wollte Victoria mit einem vorgetäuschten Verkehrsunfall und gekauftem Totenschein täuschen. Mit dem so zu erschleichenden Geld plante seine Terrorzelle Anschläge im Namen von El Kaida.
Abu Shaweesh unterschrieb im September 2004 mehrere Versicherungen bei der Victoria. Nach der Warnung des Verfassungsschutzes stornierte Victoria nur Abu Shaweeshs eigene Lebensversicherung über 21.805 Euro. Die Risiko-Lebensversicherung seiner Frau, mit der Abu Shaweesh im Todesfall 211.660 Euro kassiert hätte, lief weiter. Seine Haftpflicht mit einer versicherten Schadenssumme von zwei Millionen Euro blieb sogar bis Dezember 2006 bestehen.
Branchenexperten werten dies als groben Fehler. Versicherungen dürfen mit Terroristen keine Geschäfte machen, sagt Christian Lübke vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft. Thorsten Rudnik, Vorstand des Bundes der Versicherten, betont: Wenn es Hinweise für einen geplanten Betrug gibt, muss der Versicherer natürlich handeln. Es kann ja nicht sein, dass ein Terrorist sich für den Bau einer Bombe einen Haftpflichtversicherungsschutz besorgt und die Versicherungsgesellschaft einfach zusieht.
Ergo-Sprecher Alexander Becker lehnte eine Stellungnahme aus rechtlichen Gründen ab. Wir halten uns selbstverständlich an die gesetzlichen Vorgaben zur Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung und haben entsprechende interne Kontrollmechanismen, sagte Becker. Aber ohne eine Schweigepflichtentbindung des Kunden dürfe Ergo keine Auskunft zu Einzelfällen geben.
Der Kunde, Abu Shaweeshs, gehörte zum Netzwerk des Top-Terroristen Abu Musab al-Zarqawi. Der Jordanier organisierte zwischen 1999 und 2006 Dutzende von Bombenattentaten. Die USA machten ihn für 700 Tote verantwortlich und töteten ihn im Juni 2006 mit einem Luftschlag.
Obwohl Ergo seit November 2004 Kenntnis von Abu Shaweesh terroristischem Hintergrund hatte, hielt sie ihn bis Dezember 2006 als aktiven Kunden. Zu diesem Zeitpunkt stand Abu Shaweesh schon ein Jahr lang auf der Terrorliste der Vereinten Nationen. Er wurde 2007 wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt.