Der von Zurich Insurance umworbene britische Versicherer RSA stößt einen weiteren Geschäftsbereich ab. Die lateinamerikanische Sparte wird an die kolumbianische Grupo Sura verkauft. „Uns ist zunehmend klar geworden, dass RSA nicht mehr der beste strategische Eigner dieses Geschäfts ist“, erklärte RSA-Chef Stephen Hester am Dienstag. Mit dem Erlös von rund 403 Millionen Pfund in bar könne RSA das Kapital stärken und die operative Flexibilität erhöhen.
Zurich ist dabei, RSA auf Herz und Nieren zu prüfen. Ende Juli hatten die Schweizer erstmals ihr Interesse am Londoner Konkurrenten bekundet. Einen Monat später einigten sich die beiden Firmen vorläufig auf einen 5,6 Milliarden Pfund schweren Deal. Ob ein verbindliches Angebot vorgelegt wird, wollen die Schweizer nach einer Prüfung der Bücher von RSA entscheiden. Die Frist dafür endet am 22. September.
Der nun angekündigte Verkauf des Lateinamerika-Geschäfts kommt für Zurich nicht überraschend. Der Konzern war über die Verkaufspläne von RSA im Bild, hieß es übereinstimmend von beiden Seiten. Dies deutet einem Insider zufolge darauf hin, dass die Südamerika-Transaktion keine Auswirkungen auf die Preis-Verhandlungen zwischen RSA und Zurich haben dürfte. Trotzdem ist der Deal noch nicht in trockenen Tüchern. „Der Preis kann jederzeit erhöht oder unter gewissen Umständen auch gesenkt werden“, sagte eine Zurich-Sprecherin. „Außerdem können wir immer noch jederzeit entscheiden, kein Kaufangebot zu unterbreiten.“ Zurich bleibe bei den Preisverhandlungen diszipliniert. Konzernchef Martin Senn will für RSA keinesfalls zu viel bezahlen. Zukäufe müssen mindestens zehn Prozent auf das investierte Kapital abwerfen.
Nach Ansicht der Analysten von Bernstein dürfte der Verkauf des Lateinamerika-Geschäfts von RSA positive Auswirkungen für Zurich haben. Weil die Bilanz der Briten damit solider wird, müsste Zurich weniger neues Kapital zur Finanzierung der Übernahme aufbringen als bisher angenommen. Das freut auch die Aktionäre. Die Titel legten an der Schweizer Börse 1,4 Prozent zu.
Zurich stellte Rentabilität und Solidität jahrelang vor Wachstum. Doch angesichts zahlreicher Zusammenschlüsse in der Branche droht Europas fünftgrößter Versicherer den Anschluss zu verlieren. Mit Zukäufen und Fusionen wollen sich die Versicherer fitmachen für die drohenden schärferen Kapitalvorschriften und das Niedrigzins-Umfeld, das es immer schwieriger macht, mit den großen Anleihe-Portfolios die nötigen Gewinne zu erwirtschaften.
RSA blickt auf eine lange Reihe von Verkäufen zurück. Damit stärkte das Unternehmen die Bilanz, nachdem ein Buchführungsskandal bei der irischen Tochter eine Reihe von Gewinnwarnungen und eine Kapitalerhöhung nach sich gezogen hatte. RSA will sich auf die Märkte Großbritannien und Irland, Skandinavien und Kanada konzentrieren. Das nun verkaufte Lateinamerika-Geschäft umfasst Standorte in Chile, Argentinien, Brasilien, Mexiko, Kolumbien und Uruguay und erzielte im Halbjahr einen Gewinn von neun Millionen Pfund. Die Transaktion soll bis Ende 2016 abgeschlossen werden.