Der Versicherungskonzern Talanx nimmt seine erst in der vergangenen Woche aufgegebenen Börsenpläne überraschend wieder auf. Schon am 2. Oktober sollen die Aktien erstmals gehandelt werden, wie der drittgrößte deutsche Versicherer am Donnerstag in Hannover erklärte. Den Sinneswandel begründete das Unternehmen mit dem „hohen“ Interesse des Kapitalmarkts.
Die Hannover-Rück-Mutter senkte jedoch offenbar ihre Erwartungen an den Erlös. Nun soll der Börsengang rund 500 Millionen Euro einbringen. Davor war von 700 Millionen Euro die Rede. Damit wären 11,5 Prozent der Anteile im Streubesitz. Talanx hatte die Börsenpläne erst in der vergangenen Woche offiziell aufgegeben, weil Investoren zu wenig Geld für die neuen Aktien bezahlen wollten.
Die Aktien können vom Freitag an bis zum 1. Oktober gezeichnet werden. Am 2. Oktober sollen die Talanx-Aktien erstmals an der Frankfurter Börse notiert werden. Die Preisspanne für bis zu 29 Millionen Aktien sei auf 17,30 bis 20,30 Euro je Aktie festgesetzt worden. Zusätzlich tauscht der japanische Partner Meiji Yasuda eine Wandelanleihe in Aktien im Wert von 300 Millionen Euro. Der Versicherer wird damit insgesamt mit 4,4 Milliarden bis 5,0 Milliarden Euro bewertet. „Das ist nicht unsere Wunschbewertung, aber wir können damit leben“, sagte Haas in einer Telefonkonferenz.
Talanx-Chef Herbert Haas hatte den begleitenden Banken – allen voran Deutsche Bank, JPMorgan und Citi – nach der Absage vorgeworfen, zu hohe Erwartungen an den erzielbaren Erlös geschürt zu haben. Damals hieß es noch, ein neuer Anlauf in den nächsten sechs Monaten sei nicht vorstellbar.
Damals begründete Haas die Absage des Börsengangs mit einem zu geringen Erlös. „Wir haben immer betont, dass wir die Aktien nicht zu jedem Preis an den Markt bringen werden“, sagte Haas. „Die Höhe des von den Investoren geforderten Abschlags auf den Unternehmenswert war weder für uns noch für unseren Anteilseigner akzeptabel.“
Nun sieht Haas das offenbar anders: „Wir haben in den vergangenen Tagen zahlreiche Rückmeldungen aus dem Kapitalmarkt erhalten und einen intensiven Dialog geführt. Auf Basis dieser Gespräche sind wir zu dem Schluss gekommen, dass ein Börsengang der Talanx AG von vielen Marktteilnehmern sehr aufgeschlossen begleitet wird“, heißt es in einer Pressemitteilung.
Allerdings wurden zwei der begleitenden Banken ausgetauscht. Neben der Deutschen Bank begleitet nun die Berenberg Bank federführend den Börsengang. Die ursprünglich als globale Koordinatoren eingesetzten Banken Citi und JPMorgan wurden in die zweite Reihe zurückgestuft.
Analysten hatten für Talanx einen Firmenwert von mehr als fünf Milliarden Euro errechnet. Das Unternehmen hatte bereits seit mehr als einem Jahrzehnt von Börsenplänen gesprochen. „Uns ist klar, dass unser heutiger Schritt nach den jüngsten Ereignissen durchaus eine Überraschung ist“, sagt Haas nun.
Durch das verkleinerte Volumen kann sich Talanx nun auf die zahlungsbereitere Investoren-Klientel konzentrieren. Im ersten Anlauf hatten die Banken Finanzkreisen zufolge eine Preisspanne vorgeschlagen, die Talanx mit 4,2 bis 5,1 Milliarden bewertet hätte. Das war Haas und seinen Kollegen zu wenig: Sie hatten sich mindestens 4,8 Milliarden Euro vorgestellt, ist doch allein der 50-Prozent-Anteil am Rückversicherer Hannover Rück an der Börse drei Milliarden Euro wert.
„Ich kann nichts Ehrenrühriges an dem Verhalten erkennen“, sagte Fondsmanager Jürgen Meyer von SEB Asset Management. „Wenn sich zu Talanx ursprünglichen Preisvorstellungen keine Investoren finden und man jetzt bei einem niedrigeren Volumen zueinander findet, ist das doch völlig in Ordnung.“ Doch einige Investoren hat das Unternehmen mit dem Schlingerkurs vergrätzt: „Das ist schon seltsam: die Börsenpläne zu beerdigen und ein paar Tage später wiederzubeleben – zumal, wenn sich nichts an der Bewertung geändert hat“, sagte Fondamanager Dirk Sebrechts von KBC Asset Management. Talanx werde einen hohen Abschlag hinnehmen müssen.