Der lang erwartete Börsengang des Versicherungskonzerns Talanx ist zum Rohrkrepierer geworden. Nur acht Tage nach der Ankündigung machte das Unternehmen aus Hannover am Mittwoch überraschend einen Rückzieher. Die Investoren hätten zu große Abschläge für die Aktien verlangt, begründete Vorstandschef Herbert Haas den Schritt. “Wir haben immer betont, dass wir die Aktien nicht zu jedem Preis an den Markt bringen werden”, sagte er. “Die Höhe des von den Investoren geforderten Abschlags auf den Unternehmenswert war weder für uns noch für unseren Anteilseigner akzeptabel.” Mit einem Volumen von rund einer Milliarde Euro wäre der Börsengang der größte in Deutschland seit fast fünf Jahren gewesen.
Analysten hatten für Talanx einen Firmenwert von mehr als fünf Milliarden Euro errechnet. Noch am Wochenende hatte Haas gesagt, nur eine Katastrophe wie ein Erdbeben könne Talanx von seinen Börsenplänen abhalten. Potenzielle Käufer waren bereits für Freitag zu Präsentationen mit dem Management geladen worden. Ende des Monats sollten die Aktien zum ersten Mal in Frankfurt und Hannover gehandelt werden. Doch daraus wird nun nichts. Ein rascher neuer Anlauf ist nicht in Sicht: Es gebe keine neuen Pläne, sagte eine Talanx-Sprecherin.
Das Unternehmen hatte bereits seit mehr als einem Jahrzehnt von Börsenplänen gesprochen. So weit fortgeschritten wie diesmal waren die Vorbereitungen allerdings nie. “Die Enttäuschung hier ist riesengroß”, sagte eine Person aus dem Umfeld des Konzerns. Dort wurden Vorwürfe gegen die organisierenden Banken laut. Sie hätten Talanx zu große Hoffnungen gemacht. Federführend bei dem Börsengang waren die Deutsche Bank, Citi und JP Morgan. Doch in den vergangenen Tagen habe sich gezeigt, dass die Investoren dabei nicht mitspielten – obwohl der Aktienindex Dax seit der Ankündigung um rund fünf Prozent auf ein Jahreshoch zugelegt hat.
In Bankenkreisen hieß es dagegen, die Banker hätten kein zu rosiges Bild gemalt. Die Differenzen in der Bewertung wären nach ihrer Ansicht zu überbrücken gewesen. Dass der Gang an die Börse nun ganz abgesagt worden sei, zeige, dass die Probleme tiefer lägen.
Talanx war als erster Börsenkandidat für den Herbst mit den Plänen an die Öffentlichkeit gegangen. Verkauft werden sollten Aktien für rund 700 Millionen Euro. Dazu hätte der japanische Talanx-Partner, der Lebensversicherer Meiji Yasuda, eine Wandelanleihe für 300 Millionen Euro in Aktien getauscht. Maximal 20 Prozent an Talanx sollten an der Börse gehandelt werden. Trotzdem hatte Vorstandschef Haas gehofft, schnell den Einzug in den Nebenwerte-Index MDax zu schaffen. Der britische Versicherer Direct Line, der bisher der Royal Bank of Scotland (RBS ) gehört, will seine Börsenpläne Kreisen zufolge am Donnerstag offiziell machen.