Mitte September bietet sich den noch immer zahlreichen Touristen an der Cote d’Azur ein schwer durchschaubares Millionenspiel. Auf einem Dreieck mit nur wenigen Minuten Gehstrecke zwischen den Luxushotels wechseln Erstversicherer, Rückversicherer und Makler beinahe im Stundentakt die Schauplätze.
Ihr Ziel haben alle drei Gruppen in Monte Carlo fest im Blick: Nach wenigen Tagen wollen sie die wesentlichen Konditionen festgezurrt zu haben, zu denen sich im kommenden Jahr dann die Erstversicherer – also die Gesellschaften für den Endkunden – bei ihren Versicherern – also den Rückversichern – absichern können.
Wie bei allen Verhandlungen geht es hart zur Sache, am Ende verlangt aber schon allein das Ritual, dass sich alle als Sieger fühlen dürfen. So will es schließlich die mehr als zwei Jahrzehnte lang bewährte Dramatik der Veranstaltung.
In diesem Jahr rücken jedoch bei den Rückversicherern Probleme ins Bewusstsein, die in den kommenden Jahren massiv die Erträge belasten könnten. Ihre strengen und dazu sehr konservativen Investmentrichtlinien hatten sie bisher vor den Unbillen des Marktes geschützt. Die Ratings blieben quer über die Branche deswegen weitgehend stabil. Jetzt jedoch altern hochverzinsliche Anleihen aus besseren Zeiten allmählich. Dazu bedarf es keiner prophetischen Gaben, dass das Zinsniveau auch in den kommenden Jahren weiter niedrig bleiben dürfte.
„Die Optionen sind begrenzt, deswegen dürften Rückversicherer künftig auch in Bonds mit dem mittleren Rating BBB investieren“, schreibt Marco Sindaco, Analyst bei der Ratingagentur S&P in einer aktuellen Studie. Dennoch: Sorge vor plötzlichen unwägbaren Risiken in den Depots der Rückversicherer müssen die Anleger nicht haben. Diese seien unwillig, das Risiko tatsächlich zu erhöhen. Im Schnitt dürfte das durchschnittliche Rating in den kommenden drei Jahren bei der grundsoliden Note „A“ liegen.
30 Prozent des Risikos erwächst den Rückversicherern derzeit aus den Anlageklassen in ihren Depots, ihnen stehen 70 Prozent aus ihren potenziellen Verpflichtungen gegenüber den Erstversicherern gegenüber. Zum Vergleich: Bei Versicherern mit dem Schwerpunkt Europa, Mittlerer Osten und Nordafrika liegt das Verhältnis wegen der deutlich riskanteren Papiere dort bei 50:50.
In Sicherheit wägen dürften sich die Rückversicherer aber nicht. Dazu sind die Risiken gerade an der Zinsfront derzeit zu groß. So hat sich bei den Staatsanleihen das Verhältnis von positiven zu negativen Ausblicken zu den negativen gewandelt, und das quer über alle Regionen. Dazu hat beispielsweise auch die Entscheidung der Briten beigetragen, die Europäische Union zu verlassen.
Bei den Unternehmensanleihen zeigt sich ein ähnliches Bild. Das Potenzial möglicher Downgrades ist hier zuletzt auf den höchsten Stand seit Februar 2010 angestiegen, was sich ebenfalls an den negativen Ausblicken ablesen lässt.
Damals befand man sich noch in der tiefsten Nacht der Finanzkrise, heute wähnt man sich davon zumindest in der allgemeinen Einschätzung am Markt meilenweit entfernt. Besonders der Finanzsektor, aber auch die Versorger und die Sparte Öl und Gas haben zu dieser Entwicklung beigetragen.
Auf Schwierigkeiten müssen sich die Rückversicherer wohl aber auch in ihrem Kerngeschäft einstellen. Die bisherigen Premium-Preise, die sie verlangen konnte, wird es wohl so auf Dauer nicht mehr geben, befürchtet man bei der Ratingagentur Fitch. Analyst Brian Schneider hat sich am Donnerstag ebenfalls zur Branche geäußert.
In der Tendenz dürfte das ihm zufolge dazu führen, dass sich die Gewinne bei den Rückversichern abschwächen werden, was dann mittelfristig auch einen Einfluss auf die Finanzstärke der Versicherer haben kann. Den Ausblick auf den Sektor bewertet Schneider mit negativ, wenn auch die Ratings stabil bleiben dürften.
Für die Rückversicherer bedeutet der Branchentreff in gut zwei Wochen somit: Die Zeiten werden tendenziell ungemütlicher.
Fonte: