In der Versicherungsbranche bahnt sich eine weitere Milliardenübernahme an. Die Zurich Insurance Group prüft ein Kaufangebot für den britischen Rivalen RSA Insurance Group, der an der Börse etwa sieben Milliarden Dollar wert ist. „Wir denken, dass RSA viele Stärken hat, die unser Geschäft ergänzen würden“, sagte ein Zurich-Sprecher am Dienstag. „RSA ist ganz klar stark in Großbritannien, aber auch in Skandinavien und Kanada. Und sie haben Geschäft in Lateinamerika, einem Markt, den wir ausbauen wollen.“ RSA teilte mit, dass mit Zurich keine Gespräche geführt wurden, und riet seinen Aktionären abzuwarten.
Der Vorstoß bedeutet für Zurich einen Kurswechsel. Seit Jahren hält sich der Konzern bei Übernahmen zurück. Zurich-Chef Martin Senn wurde für diesen Kurs wiederholt von Investoren kritisiert, die das fehlende Wachstum bemängeln. Der Konzern sitzt auf viel Geld: Bis Ende kommenden Jahres will Senn drei Milliarden Dollar entweder für Zukäufe einsetzen oder an die Aktionäre zurückgeben. Bislang setzt der Zurich-Chef vor allem auf Verkäufe von Geschäften, die den Ansprüchen nicht genügen und verfolgt einen Sparkurs, um die Finanzziele zu erreichen .
Doch Europas fünftgrößter Versicherer droht angesichts des Übernahme-Karussells in der Branche den Anschluss zu verpassen. Mit Zukäufen und Zusammenschlüssen wollen sich die Versicherer fitmachen für die drohenden schärferen Kapitalvorschriften und das Niedrigzins-Umfeld, das es immer schwieriger macht, mit den großen Anleihe-Portfolios die nötigen Gewinne zu erwirtschaften. In den USA schluckten der Versicherungskonzern ACE und der Krankenversicherer Aetna für 28 Milliarden beziehungsweise 37 Milliarden Dollar Rivalen . Auch die beiden japanischen Versicherer Tokio Marine und Meiji Yasuda Life gingen auf Einkaufstour, während der Versicherungsbroker Willis mit der Unternehmensberatung Towers Watson fusioniert. In Europa ist die Allianz unangefochten die Nummer eins.
Die RSA-Aktien, die bereits in den vergangenen Tagen von Übernahmespekulationen profitierten, reagierten mit einem Kurssprung von fast 15 Prozent auf fünf Pfund. Die Zurich-Anteile dagegen verloren mehr als ein Prozent auf 293,10 Franken. Sollte die Übernahme zustande kommen, müssen sich die Aktionäre auf weniger üppige Ausschüttungen einstellen. Zudem droht eine Kapitalerhöhung. In der Branche sind Analysten zufolge Kaufprämien von 20 bis 40 Prozent üblich. Die Schweizer müssten für RSA demnach gut acht Milliarden Dollar oder mehr auf den Tisch legen.