Die Bundesregierung sieht die deutschen Lebensversicherer gut auf die verschärften Kapitalregeln für die Branche vorbereitet. Es gebe derzeit branchenweit keinen akuten Handlungsbedarf, um die Lebensversicherer krisenfester zu machen, erklärte das Bundesfinanzministerium am Mittwoch.
Die Untersuchungen der Finanzaufsicht BaFin zeigten, dass die Branche für die unter dem Schlagwort „Solvency II“ bekannten Kapital- und Eigenmittel-Anforderungen „gut gerüstet“ sei. Die Solvency-II-Regeln, die 2016 in der EU in Kraft treten, sollen die Versicherer widerstandsfähiger gegen Krisen machen.
Das Ministerium reagierte mit seiner Stellungnahme auf einen Bericht der „Süddeutschen Zeitung“. Diese zitierte am Mittwoch aus einem vertraulichen Bericht des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken (ESRB). Darin sei von einer „schlechten Verfassung“ und hohen Risiken der Lebensversicherer in wichtigen EU-Ländern, unter anderem in Deutschland und Österreich, die Rede.
Deshalb verlange der ESRB rasche Maßnahmen von Politikern und Aufsichtsbehörden. Die Experten plädierten für eine neue, EU-weite Auffanglösung für angeschlagene Lebensversicherer. Nationale Systeme wie Protektor in Deutschland reichten nicht aus, weil sie mit einer Pleite großer und mehrerer kleiner Lebensversicherer nicht mehr fertig würden.
Der ESRB kritisiert in dem Papier dem Bericht zufolge auch „Solvency II“, weil das Regelwerk von unrealistischen sicheren Renditen der Lebensversicherer am Kapitalmarkt ausgehe. Die neuen Regeln verschleierten damit zum Teil „die wahre Höhe der Verpflichtungen der Lebensversicherer“ gegenüber ihren Kunden. Je niedriger die Zinsen, desto mehr Kapital müssten die Unternehmen aufbauen. Die Zeitung zitierte den Finanzexperten der Grünen im Europaparlament, Sven Giegold mit den Worten: „Viele Versicherer können ihre Verpflichtungen nicht erfüllen.“ Der ESRB wollte sich zum Inhalt des Papiers nicht äußern.