Noch auf der Hauptversammlung Anfang Mai klang Finanzvorstand Roland Vogel eher vorsichtig: Man sei dabei, die Anteile klimaschädlicher Unternehmen im Anlageportfolio weiter zu reduzieren. Doch jetzt hat der zweitgrößte deutsche Rückversicherer Hannover Rück eine Grundsatzentscheidung gefällt. Das im MDax, dem Index mittelgroßer Firmen, notierte Unternehmen habe entschieden, aus Investments in Kohle auszusteigen und die Kapitalanlagenbestände entsprechender Emittenten abzubauen, sagte ein Sprecher in Hannover.
Künftig will der Rückversicherer mit Sitz in der niedersächsischen Hauptstadt nicht mehr in Unternehmen investieren, die mehr als 25 Prozent ihrer jährlichen Umsätze mit Kohlegewinnung und thermischer Stromerzeugung machen. Hannover Rück folgt damit den Spuren des Versicherungsgiganten Allianz, der erst im Mai verkündete, ab sofort nicht mehr in Unternehmen zu investieren, die durch umfangreichen Bau von Kohlekraftwerken das Ziel des Pariser Klimaabkommens gefährden.
Einen Unterschied gibt es jedoch: Die Münchener wollen auch auf die Einzelversicherung von Kohlekraftwerken und Kohleabbau verzichten. Ein Schritt, den die Niedersachsen ausdrücklich nicht machen. Solange es solche Kraftwerke gebe, sei es auch im allgemeinen Interesse, dass sie versichert werden, argumentierte Vorstandschef Ulrich Wallin bereits auf der Hauptversammlung.
Dennoch begrüßen Umweltaktivisten die Entscheidung. „Das Divestment von Hannover Rück ist ein willkommener erster Schritt“, sagte Regine Richter von der Organisation Urgewald. Wenngleich es enttäuschend sei, dass der Versicherer sich hinter anderen verstecke, wenn es um die Versicherung von Kohleprojekten gehe.
Die Versicherungsbranche gibt mit der Entscheidung dem Druck nach, einen raschen Kohleausstieg zu befördern. Mit insgesamt fast zwei Billionen Euro Kapitalanlagen ist allein die Allianz einer der weltgrößten Investoren. Umweltinitiativen setzen Versicherer deshalb seit Längerem unter Druck, aus dem Geschäft mit dem fossilen Brennstoff auszusteigen. Mit der Kampagne „Unfriend Coal“ zielen Greenpeace und andere Umweltorganisationen speziell auf die Versicherungsbranche ab – offensichtlich mit Erfolg.
Die Richtungsentscheidung ist damit auch ein Fingerzeig für die Kohlekommission, die Anfang Juni von der Bundesregierung eingesetzt wurde. Das Gremium soll noch vor den Sommerferien mit der Arbeit beginnen und bis Ende des Jahres erste Ergebnisse vorlegen, um ein Enddatum für die Kohlenutzung in Deutschland festzulegen.
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