Der VW-Skandal hält auch die Rechtsschutzversicherer in Atem. Allein die Nummer Eins in Deutschland, Arag, finanziert derzeit rund 1400 Schadensersatzklagen. Doch schon bald dürfte sich die Zahl fast verdoppeln.
Privat bevorzugt Paul-Otto Faßbender andere Autos als einen VW Passat. Doch der Dieselskandal von Europas größtem Autobauer lässt auch den Chef des Versicherers Arag nicht los. Seine Assekuranz zählt zu den größten deutschen Rechtsschutzversicherern. Und wie Faßbender am Rande der Bilanzpressekonferenz in Düsseldorf sagte, finanziert die Arag alleine in Deutschland 1000 Kunden bei ihren Klagen gegen Volkswagen oder einen Händler wegen des Diesel-Skandals. Europaweit sind es etwa 1400 Kunden.
Aber schon bald dürfte sich diese Zahl deutlich erhöhen. „Bis Ende des Jahres wird die Zahl über 2000 liegen, derzeit kommen täglich bis zu fünf Anträge hinzu“, erläutert Hanno Petersen, der zuständige Arag-Vorstand in Düsseldorf. Der VW-Skandal sei damit das zweitgrößte Verfahrensthema für den Versicherer nach dem Rechtstreit um den Widerrufsjoker bei Immobilienfinanzierungen. Für die Arag kommt es zum Kräftemessen mit Wolfsburg.
Die wachsende Zahl der Kostenzusagen im Streit mit VW ist nicht allein der wachsenden Klagelust der VW-Fahrer geschuldet, sondern aus Sicht der Arag vor allem einem Meinungsumschwung bei vielen Gerichten. Nachdem VW auch anderthalb Jahre nach Bekanntwerden des Diesel-Skandals nicht für alle Fahrzeuge eine vollständige Lösung anbieten könne, würden inzwischen mehr Richter Schadensersatzansprüche gegen VW akzeptieren, erläutert Petersen. Anfangs hatte die Assekuranz in erster Linie Klagen auf Mängelbeseitigung unterstützt, weil dem Unternehmen eine angemessene Frist zur Behebung der Fehler eingeräumt werden müsse. Aber inzwischen scheint die Geduld mancher Richter offensichtlich erschöpft. „Wir geben inzwischen auch Zusagen für Klagen gegen VW auf Erstattung oder Rückabwicklung“, sagte Petersen.
Vor deutschen Gerichten sind laut VW gut 3000 Verfahren wegen der Abgasmanipulation anhängig. Davon seien zehn Prozent entschieden. Drei Viertel der Klagen hätten Gerichte abgewiesen, einem Viertel sei stattgegeben worden. In diesen Fällen hat Volkswagen Widerspruch eingelegt. Die Klagen werden also von der nächsten Instanz behandelt. Bisher gibt es den Angaben zufolge kein Urteil einer höheren Instanz. Einen außergerichtlichen Vergleich lehnt der Konzern trotz des Drucks vieler Anwälte weiter ab. Die niederländische Organisation „Stichting Volkswagen Car Claim“ kündigte am Dienstag an, repräsentativ für rund 180.000 betroffene Autobesitzer in den Niederlanden ein Gerichtsverfahren einzuleiten.
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