Ab 2021 gelten für Versicherungskonzerne neue Regeln bei der Bilanzierung. Die Reform soll Versicherer außerhalb der USA besser vergleichbar machen. Am nun veröffentlichten Bilanzstandard wurde 20 Jahre lang gearbeitet.
Auf internationale Versicherungskonzerne wie Allianz und Münchener Rück kommt von 2021 an eine grundlegende Reform der Bilanzierung zu. Das International Accounting Standards Board (IASB), das die Bilanzierungsregeln für mehr als 100 Länder ausarbeitet, stellte am Donnerstag den lang erwarteten neuen Bilanzstandard vor, der die 450 börsennotierten Versicherer außerhalb der USA leichter vergleichbar machen soll. Bisher hatte das IASB weitgehend den nationalen Wildwuchs in der Bilanzierung akzeptiert. Das Gremium hat 20 Jahre an dem neuen Standard gearbeitet.
Bilanzexperten erwarten – ähnlich wie bei der Einführung von „Solvency II“ in Europa – Milliardenkosten für die Umstellung, weil die Konzerne alle Versicherungsverträge jedes Jahr neu bewerten müssen. „Das wird harte Arbeit für alle Beteiligten“, sagte KPMG-Bereichsvorstand Frank Ellenbürger. Mark McQueen vom Wirtschaftsprüfer Deloitte schätzt den Aufwand für die Versicherer in der EU allein auf drei bis vier Milliarden Euro.
„Wir wollen die Kosten nicht kleinreden“, sagte IASB-Chef Hans Hoogervorst der Nachrichtenagentur Reuters. Die größere Transparenz werde aber dazu führen, dass die Versicherer als Investitionsobjekte für Anleger attraktiver werden, die bisher von der undurchsichtigen Bilanzierung oft abgeschreckt worden seien. „Langfristig dürfte das zu geringeren Kapitalkosten für die Branche führen“, sagte Hoogervorst. Er erwarte, dass die EU den Standard ebenso komplett umsetze wie Großbritannien nach dem EU-Austritt. Für die USA gilt der neue Bilanzierungsstandard mit dem Namen „IFRS 17“ nicht – dort wird parallel an einer Reform gearbeitet.

Bisher hatten viele Versicherer die Verträge etwa bei Kfz-, aber auch Lebensversicherungen anhand der Daten zu Beginn der Laufzeit bewertet. Das könne dazu führen, dass die Gewinne der Versicherer künftig stärker schwankten, sagte EY-Experte Kevin Griffith. Die Reform werde transparenter machen, ob Versicherer im Neugeschäft profitabel seien und offenlegen, ob er seine Gewinne aus dem eigentlichen Versicherungsgeschäft oder nur aus den Kapitalanlagen schöpfe. Statt der Prämien wird künftig ein „Versicherungsumsatz“ ausgewiesen.
Wie sich IFRS 17 auf einzelne Unternehmen auswirken werde, sei unklar, glaubt KPMG. Die Bilanzierung sei bisher mitunter sogar innerhalb eines Landes unterschiedlich, erklärte Joachim Kölschbach, IFRS-Experte bei der Wirtschaftsprüfungsfirma.
Fonte:
Handelsblatt