Frankfurt. Oliver Bäte hat nie einen Hehl daraus gemacht, welchen Weg er mit der Allianz einschlagen will. Ziel sei die „Transformation der Allianz in ein völlig kundenorientiertes und durchgehend digitales Unternehmen“, gab der Vorstandschef von Europas größtem Versicherer erst vor wenigen Monaten auf einer Veranstaltung Einblick in seine Pläne. Nun hat der drahtige Manager an der Spitze des Münchener Dax-30-Konzerns ein unübersehbares Zeichen für diesen Umbau gesetzt.
Der Konzern an der Königinstraße schafft ein neues Vorstandsressort für „Business Transformation und Innovation des Geschäftsmodells“, wie das Unternehmen am späten Donnerstag mitteilte. Neuer Mann an der Spitze des Ressorts wird der 53-Jährige Spanier Iván de la Sota sein, der bisher die ibero-lateinamerikanische Region für die Allianz leitete.
Bäte beruft damit einen neuen Kopf für den digitalen Wandel im Konzern. Erst vor knapp einer Woche hatte die Allianz verkündet, dass ihr bisher für die Digitalisierung zuständige Manager, der Deutsch-Türke Solmaz Altin, schon nach zwei Jahren wieder auf einen neuen Posten versetzt werde.
Der 44-Jährige, der 2016 zum ersten Chief Digital Officer der Allianz ernannt worden war, wechselt im April in den Asien-Vorstand nach Singapur. Dort soll er im Mai 2019 Asien-Chef George Sartorel ablösen. Altin hatte vor seinem Wechsel nach München die Tochter in der Türkei geführt, war aber in seiner Rolle als Digitalchef nie Bestandteil des Allianz-Vorstands gewesen. De la Sota dagegen wird nun auch außenwirksam mit dem Rang eines Allianz-Vorstands geadelt.
Hintergrund der Personalie: Bäte geht der Umbau zu langsam. In den vergangenen zwei Jahren hatte Altin als Chief Digital Officer eine Stufe unter dem Vorstand die Digitalisierungs-Strategie angeschoben, sich damit aber nicht immer gegen die mächtigen Landesgesellschaften durchgesetzt. Als Vorstand hat de la Sota nun mehr Durchgriffsmöglichkeiten.
Sota wird zudem für die europäischen Direktversicherungsunternehmen, für die globale Geschäftseinheit Allianz Partners sowie die ibero-lateinamerikanische Region verantwortlich sein. Sein neues Amt tritt der Manager, der seit 27 Jahren bei der Allianz arbeitet, zum 1. April 2018 an.
De la Sota ist seit November 2015 CEO der ibero-lateinamerikanischen Region. Zuvor war er vier Jahre CEO der Allianz Spanien. De la Sota könne auf den „sehr guten Grundlagen aufbauen“, die Altin mit der Digitalagenda in den letzten zwei Jahren gelegt habe, sagte Bäte. De la Sota erhält zunächst einen Vertrag bis Ende 2020.
Das neue Vorstandsressort solle helfen, die „geschäftlichen Chancen zu nutzen, die sich aus den wachsenden Bedürfnissen aller Kundengruppen nach digitalen Versicherungs- und Investmentlösungen ergeben“, begründeten die Münchener den Schritt. Dafür sollen künftig bestehende Geschäftsmodelle weiterentwickelt, neue Modelle eingeführt sowie eine flexible Kombination von persönlicher Beratung und digitalen Angeboten ermöglicht werden.
Bäte will dem bald 128 Jahre alten, ehrwürdigen Konzern nichts weniger als einen Kulturwandel verordnen: Aus dem grundsoliden, aber langweiligen Versicherer soll ein modernes Digitallabor werden. Bereits jetzt seien 800 Millionen Euro Produktivitätsgewinn durch die Digitalisierung fest eingeplant, sagte Vorstandsmitglied Christof Mascher vor einiger Zeit in München.
Über das Erreichen weiterer 400 Millionen werde konzernintern diskutiert. Vor einem Jahr hatte die Konzernspitze sich eine Milliarde als Ziel gesetzt. „Die Allianz wird vorne und im Zentrum des Prozesses der Digitalisierung stehen und kein Opfer sein“, betonte Bäte damals.
Die Vorbilder heißen nun Apple, Google oder Amazon. So wie die US-Riesen immer wieder Kundenerfahrungen und -bedürfnisse neu definieren und daran verdienen, so will auch die Allianz künftig agieren. Das Ziel: eine neue Form von Versicherungsunternehmen, das die Risiken seiner Kunden weiter routiniert managt, dabei aber agil wie ein Internet-Start-up ist und rasanter und gewinnträchtiger wächst als die Konkurrenten alter Schule.
„Mit dem neuen Vorstandsressort unterstreicht die Allianz die Bedeutung der zukunftsorientierten Weiterentwicklung ihrer Geschäftsmodelle“, sagte Aufsichtsratschef Michael Diekmann zur Berufung des neuen Vorstands.
Doch der erste Digitalvorstand in einem Dax-Konzern in München ist de la Sota nicht. Siemens hatte bereits 2017 den früheren Cisco-Manager Cedrik Neike als neuen Digitalvorstand in das Führungsgremium berufen.
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