Der Spezialversicherer Extremus steht nach dem Terroranschlag in Berlin erstmals in der Pflicht. Als einzige Firma in Deutschland versichert er Unternehmen gegen Terroranschläge – nun muss er den ersten Schaden prüfen.
Es waren die grauenhaften Bilder des Terror-Angriffs auf New York, die zur Geburtsstunde von Extremus wurden. Viele Versicherer machten sich nach dem 11. September 2001 Sorgen, dass eine Welle von Angriffen sie in die Pleite treiben könnte. Ein Jahr später war ein branchenweites Konzept ausgereift: 17 namhafte Versicherungsunternehmen, darunter die Allianz, Münchener Rück und Swiss Re, gründeten Extremus. Fünfzehn Jahre lang blieb das private Unternehmen mit Staatsgarantie seitdem ein letzter Ausweg, der erfreulicherweise nie gegangen werden musste. Doch dies hat nun ein Ende gefunden. Nach dem Terroranschlag auf den Weihnachtsmarkt in Berlin steht der Spezialversicherer nun erstmals in der Pflicht. „Wir haben einen Versicherungsnehmer, der einen Schadensfall angemeldet hat“, sagte Dirk Harbrücker, Vorstand von Extremus, am Montag in Köln.
Es ist eine Premiere mit bitterem Beigeschmack. Denn erstmals nach der Gründung im Jahr 2002 muss der in Köln beheimatete Spezialversicherer für Sachschäden durch Terrorüberfälle einen ersten Schaden prüfen. Ein großer Hersteller von Weihnachtsmarktschmuck, dessen Namen Extremus nicht nennen möchte, habe eine Police bei dem Spezialversicherer abgeschlossen, erklärte Harbrücker. Der Stand der Firma sei durch den Terrorakt erheblich beschädigt worden.
Der Kölner Versicherer, der gegen Sach- und Betriebsunterbrechungsschäden durch Terrorakte versichert, sofern die Anschläge im Inland begangen wurden, muss nun abwägen, ob der Schaden den regulären Selbstbehalt von 50.000 Euro übersteigt – und Extremus erstmals zahlen muss. Für Deutschland markiert der Terrorakt in Berlin damit auch versicherungstechnisch eine Zäsur: belegt er doch, dass die Bedrohung von deutschen Unternehmen durch inländische Terrorakte Realität geworden ist.
Der von Extremus zu tragende Sachschaden dürfte allerdings überschaubar sein. Denn die Kölner müssen nicht für die Entschädigung der Opfer des Terrorakts aufkommen, bei dem ein Terrorist mit einem LKW in den Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz fuhr und so zwölf Menschen tötete und 48 verletzte. Die Police der Kölner deckt in erster Linie die Betriebsunterbrechung durch die Schließung ab, also den Einnahmeausfall des Weihnachtsschmuck-Herstellers. Als erstes hatte die „Süddeutsche Zeitung“ grundsätzlich über diesen Umstand informiert.
Experten erwarten, dass sich die Schadenssumme, die der Spezialversicherer in Berlin regeln muss, maximal im Volumen von 100.000 Euro bewegen wird. Geschaffen wurde der Spezialversicherer jedoch für ganz andere Schäden – wurde die Firma doch unter dem Eindruck des Angriffs auf das World Trade Center in New York gegründet. So ist der Terrorversicherungspool – wie der Name nahelegt- für den Extremfall konzipiert: Extremus deckt Schäden von insgesamt bis zu zehn Milliarden Euro ab, 2,5 Milliarden übernimmt die Versicherungswirtschaft, für weitere 7,5 Milliarden Euro steht der Staat ein. Im Gegenzug bekommt der Bund einen Teil der Versicherungsprämien.
Übersteigt der Schaden die zehn Milliarden, müsste neu verhandelt werden. Die Terror-Police von Extremus deckt allerdings nur Schäden an Objekten ab, „die auf Grund und Boden stehen“, wie Harbrücker es formuliert. Flugzeuge, die 2001 von den Terroristen als Waffen eingesetzt wurden, sind nicht darunter. Bereits ab 3000 Euro Prämie kann sich ein Unternehmen Versicherungsschutz kaufen.
Die Resonanz ist bislang geringer als gedacht ausgefallen. Große Erwartungen waren 2002, unmittelbar nach Gründung, mit dem Start von Extremus verbunden gewesen: 500 Millionen Euro an Prämien wollte der Spezialversicherer einsammeln, in der unmittelbaren Phase nach 9/11 schien die Terrorversicherung ein Produkt, auf das die Unternehmen nur zu warten schienen. Aber die Pläne konnten letztlich mit der Realität nicht mithalten. Heute hat das Unternehmen Verträge mit einer Prämie von 44 Millionen Euro im Portfolio, darunter als Kunden viele große Dax-Konzerne.
Für Harbrücker hat dies allerdings auch etwas Gutes. „Als Bürger würde ich mir natürlich wünschen, dass es keinen Bedarf für ein Unternehmen wie Extremus gibt“, gibt der Vorstand freimütig zu. Aber der Vorstand kann sich nur zwei Szenarien vorstellen, bei denen Extremus plötzlich überhaupt nicht mehr gebraucht wird: „Wenn die Konkurrenz alle Nachfrage auf sich konzentriert“, sagte Harbrücker, „oder wenn die Welt auf einmal gänzlich friedlich wird.“
Es sieht so aus, als wenn sich der Kölner Spezialversicherer um seine Zukunft also keine riesigen Sorgen machen muss.
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