Der deutsche Versicherungsriese kooperiert mit der Standard Chartered Bank in Asien. An der Partnerschaft waren auch andere Konzerne interessiert. Allianz-Investoren beschäftigt derzeit aber ein anderes Thema.
Oliver Bäte hat die Linie schon früh vorgegeben. Der asiatische Markt werde in den nächsten Jahren weiter an Bedeutung gewinnen, skizzierte der Allianz-Chef schon 2015 seine künftige Strategie für den größten Erstversicherer in Europa. Denn das globale Wachstum verschiebe sich von den traditionellen Märkten in die Schwellenländer, vor allem nach Asien.
Rund ein Jahr später lässt Bäte seinen Worten weitere Taten folgen. Wie der Konzern am Donnerstag mitteilte, schlossen die Münchener ein neues Bündnis für den Wachstumsmarkt mit dem britischen Geldhaus Standard Chartered. Das britische Institut, das in Asien sehr stark vertreten ist, werde die nächsten fünfzehn Jahren Allianz-Sachversicherungsprodukte wie Auto- und Feuerversicherungen in fünf großen Ländern der Region verkaufen.
Europas größter Versicherer findet damit einen weiteren Vertriebskanal für seine Produkte in Asien – und sticht dabei wichtige Rivalen aus. Dem Vernehmen nach setzte sich die Allianz mit der Partnerschaft gegen den europäischen Rivalen Axa und die japanische MS&AD durch, die ebenfalls an einer Vereinbarung mit der britischen Bank interessiert gewesen seien. Die Allianz wollte sich dazu nicht äußern. Finanzielle Details nannten die beiden Konzerne ebenfalls nicht. Nach Informationen der Nachrichtenagentur Bloomberg bezahlt der deutsche Versicherer jedoch rund 200 Millionen Dollar für die Vertragsunterzeichnung.
Standard Chartered erhoffe sich insgesamt in den kommenden 15 Jahren Zahlungen vor allem dank Provisionen in Höhe von mindestens einer Milliarde Dollar aus der Partnerschaft, berichtete Bloomberg unter Berufung auf mit der Angelegenheit vertraute Personen. Denn der Markt legt rasant zu: Für Asien wird nach Angaben der Allianz im Laufe der nächsten vier Jahre ein Anstieg der Nachfrage nach Sachversicherungen um 10,8 Prozent erwartet.
Mit dem Honeymoon mit den Briten folgt die Allianz den Fußstapfen der Bayern LB. Die bayerische Landesbank schloss bereits im vergangenen Herbst eine strategische Partnerschaft mit der Bank aus Großbritannien zur Zusammenarbeit bei Handelsfinanzierungen in Asien. Die Wachstumsregion spielt für viele deutsche Unternehmen eine immer wichtigere Rolle. Standard Chartered verfügt über ein weitreichendes Standortnetz mit über 800 Filialen in 23 asiatischen Ländern – von Indien, Pakistan über China bis nach Südostasien und Japan. Die Kooperations-Vereinbarung mit der Allianz umfasst dabei den Vertrieb in China, Hongkong, Indonesien, Malaysia und Singapur.
Die Partnerschaft unterstütze das Bestreben der Allianz, ihre Präsenz regional auszubauen und „den Mehrwert für unsere Kunden und Mitarbeiter zu erhöhen“, preist George Sartorel, Allianz-Chef der Region Asien-Pazifik, deshalb die Vereinbarung. Karen Fawcett, CEO des Bereich Retail Banking bei Standard Chartered betonte, dass die Allianz bei der Neuausrichtung und Erweiterung des Produktangebots von Standard Chartered eine wesentliche Rolle spiele.
Lebensversicherungsgeschäft steht vor einem Komplettumbau
Die Partnerschaft ist auch ein Signal für die Branche: Die schwache Ertragslage lässt Banken und Versicherer zuletzt gerade im Vertrieb wieder enger zusammenrücken. „Banken und Versicherer werden über den Vertriebskanal und die dahinterstehenden Prozesse stärker zusammenrücken. Aber das wird nicht bedeuten, dass es notwendig sein wird, sie auch als Unternehmen zusammenzubringen”, prophezeite etwa schon im November der Finanzvorstand der Allianz, Dieter Wemmer.
Für die Allianz ist es nicht die einzige Kooperation in Ostasien. Bei Lebensversicherungen arbeitet sie im Bankvertrieb seit 2012 mit HSBC zusammen. Standard Chartered hat in der Lebensversicherung dagegen die britische Prudential als Partner.
Als größte Baustelle hat Bäte das Lebensversicherungsgeschäft identifiziert, das außerhalb Deutschlands angesichts niedriger Zinsen zu wenig Rendite abwirft. Jede einzelne Leben-Tochter soll bis 2018 eine Eigenkapitalrendite von zehn Prozent oder mehr erwirtschaften. Bisher schafft das nur die deutsche Allianz Leben.
Die Sparte steht vor einem Komplettumbau: Policen mit langfristigen Garantien will Bäte weiter zurückdrängen und die Lebensversicherer damit gegen Schwankungen an den Kapitalmärkten immun machen. Damit ließen sich drei Milliarden Euro an Kapital freisetzen. Konzernweit will Bäte die Eigenkapitalrendite damit bei 13 Prozent halten, die sonst zu erodieren drohe. Den Verkauf von Vertragsbeständen im Ausland schloss der neue Allianz-Chef nicht aus. Vor einem Umbruch stünden aber auch Sach-Sparten wie die Autoversicherung.
Doch Bäte weiß, dass seine Investoren derzeit vor allem ein anderes Thema beschäftigt: die bevorstehende milliardenschwere Ausschüttung. So winkt den Aktionären von Europas größtem Versicherer in diesem Jahr ein milliardenschwerer Extra-Geldsegen. Der Münchener Konzern dürfte bis zu drei Milliarden Euro in Form eines Aktienrückkaufs an die Anteilseigner zurückgeben, nachdem sie bis Jahresende keine größeren Unternehmen gekauft hat.
Es wäre der erste Aktienrückkauf in der Geschichte des Versicherers. Bäte hatte Ende November vor Analysten das Versprechen bekräftigt, das nicht ausgeschöpfte Budget für Übernahmen, das sich seit 2014 angesammelt hat, auszuschütten: „Wir werden das Geld nicht ohne Grund zurückhalten. Alles Kapital, das wir nicht brauchen, werden wir zurückgeben.“ Es sind Worte, an denen die Investoren Bäte messen werden.
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