Experten prognostizieren Maklern beste Wachstumsaussichten. Rund 63 Prozent der Versicherer erwarten, dass die Bedeutung dieses Vertriebswegs in Zukunft steigen wird. Das ist das Ergebnis einer Studie der Unternehmensberatung Towers Watson zum Vertrieb in der Lebensversicherung.
Zwar hat demnach im vergangenen Jahr wegen des Booms bei den Policen gegen Einmalbeitrag vor allem der Verkauf über den Bankschalter kräftig zugelegt und sich mit einem Anteil von 32,1 Prozent am Neugeschäft sogar zum wichtigsten Vertriebsweg gemausert. Der Marktanteil unabhängiger Vermittler, zu denen Towers Watson Makler, Mehrfachagenten und Finanzvertriebe wie AWD und MLP zählt, ging dagegen um 1,5 Prozent auf 25,8 Prozent zurück – und liegt damit unter dem der Ausschließlichkeitsvertreter, die auf 27,7 Prozent kamen.
Doch dieser Trend wird sich langfristig nicht fortsetzen, glaubt Ulrich Wiesenewsky von Towers Watson. Er geht davon aus, dass die unabhängigen Vermittler in Zukunft Marktanteile gewinnen, während Banken und Ausschließlichkeitsvertreter an Bedeutung einbüßen werden. “Wir erwarten deutliches Wachstum der unabhängigen Vermittler, da sie hinsichtlich ihrer Produktschwerpunkte gut aufgestellt sind”, sagt er. Dazu gehören Policen zur betrieblichen Altersversorgung, Berufsunfähigkeitsversicherungen, aber auch fondsgebundene Verträge mit Garantien. “Letztere werden aufgrund von Solvency II und sinkender Garantiezinsen mehr in den Fokus des Vertriebs rücken”, sagt Wiesenewsky. Auch in der Schaden- und Unfallversicherung rechnet Towers Watson mit einer steigenden Bedeutung der Makler.
 

Manche Versicherer arbeiten heute schon sehr intensiv mit den unabhängigen Vermittlern zusammen. Bei dem Versicherer Ideal kommt rund 50 Prozent des Neugeschäfts über diesen Vertriebsweg, der Volkswohlbund setzt sogar ausschließlich auf Makler. Doch der direkte Kontakt zu den unabhängigen Vermittlern geht immer mehr verloren.

Denn viele von ihnen reichen Geschäft über Maklerpools wie BCA oder Jung, DMS & Cie bei den Versicherern ein. Diese Verbünde handeln mit den Versicherern Verträge aus und übernehmen die technische Abwicklung einschließlich der Provisionsabrechnung für Makler. Sie leben von der Differenz zwischen den Courtagen, die sie von den Versicherern erhalten und dem Geld, was sie an die Makler weiterreichen.

Für die Unternehmen der Assekuranz verspricht die Zusammenarbeit mit Pools viel Geschäft auf einen Schlag. Doch allmählich werden den Versicherern die Verbünde unheimlich. Sie fordern mehr Transparenz von den Zusammenschlüssen. Insbesondere Rainer Jacobus, Vorstandsvorsitzender der Ideal, lässt seit einigen Monaten keine Gelegenheit aus, um auf mehr Informationen zu drängen. Konkret verlangt er Klarheit über die wirtschaftliche Situation der Pools, die Eigentumsverhältnisse und die angeschlossenen Vermittler. “Diese Dinge brennen unter den Nägeln, nicht nur bei der Ideal”, sagt Jacobus.

Anonyme Vermittler

Auch Dietmar Bläsing, Vertriebsvorstand beim Volkswohlbund würde gern mehr über das Innenleben der Pools erfahren. “Bei der Vielzahl an Pools im Markt stellt sich schon die Frage, ob sie alle wirtschaftlich so aufgestellt sind, dass sie überleben können”, sagt er. Eine unerwartete Insolvenz eines großen Verbunds sei für einen Versicherer, der stark auf Makler setzt, fatal. “Es stehen Vertriebskapazitäten auf dem Spiel. Das ist sehr gefährlich”, sagt Bläsing.

Zudem möchte er gern mehr über die Vermittler erfahren, die Geschäft mit Pools machen. “Es besteht die Gefahr, dass Vermittler, von denen wir uns aus Qualitätsgründen getrennt haben, etwa weil sie ein hohes Storno hatten oder unsaubere Geschäftsgebaren, doch wieder über Blindpools mit uns Geschäfte machen”, sagt Bläsing. Dabei reichen die Vermittler Versicherungsanträge anonym ein.

Das stört auch Jacobus von der Ideal. Er vermutet, dass etliche Verbünde heimlich mit Ausschließlichkeitsvertretern zusammenarbeiten, die ihren Kunden auch Policen bieten wollen, die der eigene Versicherer nicht verkauft. “Damit umgehen die Pools Bundesgesetze”, sagt Jacobus. Laut Vermittlerrichtlinie dürfen die Pools nicht mit Ein-Firmen-Vertretern Geschäfte machen.

Eine Brancheninitiative für mehr Transparenz bei den Pools scheint aber in weite Ferne gerückt. Jacobus hatte eigentlich auf dem Branchentreff “Deckungskonzeptmesse” in Dortmund Ende Oktober einen Entwurf mit Kriterien für die künftige Zusammenarbeit von Assekuranz und den Verbünden vorstellen wollen. Doch die sogenannte Dortmunder Erklärung geriet schon vorher an die Öffentlichkeit. Die Pools Fonds Finanz und Jung, DMS & Cie antworteten mit einem Rechtsgutachten, das die Erklärung als wettbewerbs- und datenschutzrechtlich bedenklich einstufte. Damit fand die Initiative ein frühes Ende.

Sebastian Grabmaier, Vorstandsvorsitzender bei Jung, DMS & Cie, stört insbesondere die Forderung nach der Offenlegung der Daten der angeschlossenen Vermittler. “Es besteht die Gefahr, dass die Versicherer dann direkt auf die Makler zugehen und die Pools ausbooten”, fürchtet er.

Auch eine Aussprache von Pools und Versicherern Ende November hat das Anliegen nicht vorangebracht. “Es wurden bekannte Standpunkte ausgetauscht, eine Annäherung mit allen Pools hat sich nicht ergeben”, heißt es von Seiten der Ideal. Der Versicherer will ebenso wie der Volkswohl Bund nun mit den Verbünden, mit denen er kooperiert, individuelle Gespräche führen. “Sollten essentielle Anforderungen von Pools nicht erfüllt werden, wird die Ideal die Zusammenarbeit zeitnah beenden”, so der Versicherer.